Weißwasser/Boxberg. Auf Einladung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz (DNK) fand vom 4. bis 6. Mai 2022 eine Pressetour zur “Denkmalpflege im Braunkohlerevier Lausitz“ unter Leitung von Dr. Ulrike Wendland statt. Neben der LEAG war auch die LMBV in die Vorbereitung mit einbezogen worden, um der Frage nachzugehen: Wie verändert sich die industrielle Kulturlandschaft?
Die 42. Pressefahrt des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz startete in Weißwasser und führte die Teilnehmer zunächst zum Turm am Schweren Berg. Im Besucherzentrum des LEAG-Tagebaues Nochten wurde über die laufende Braunkohleförderung informiert. Da der Kohleausstieg beschlossen ist, stehen große Regionen in Deutschland vor der Herausforderung, einen weiteren Strukturwandel zu bewältigen — auch das Braunkohlerevier in der Lausitz. Daher widmete das DNK sich der Frage: „Wie verläuft der Transformationsprozess und welche Auswirkungen hat er auf die Industriekultur, die industriellen Kulturlandschaften, und auf die Menschen, die im Süden Brandenburgs und im Osten des Freistaates Sachsen eine neue Zukunft gestalten wollen? „
Die Pressefahrt 2022 führte die Teilnehmer zu „Hotspots der Veränderung“: bei der Befahrung des sächsischen Tagebaus Nochten wurden archäologische Fundstellen ansteuert, die dort zu Tage getreten waren. Mit dem Landesdenkmalamt Sachsen und dem Bergbautreibenden wurde über die Zusammenarbeit von Braunkohleförderer und Denkmalbehörden sowie über die Herausforderungen im kommenden Transformationsprozess diskutiert. Ausblicke auf bereits wieder nutzbar gemachte Industrielandschaften gaben später Mitarbeitende der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft.
Am Abend des 4. Mai 2022 vertieften — nach einer Begrüßung durch Werner v. Bergen (DNK) — Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung, Kulturtourismus und der angewandten Forschung in einem Gespräch, wie in einem erfolgreichen Strukturwandel Bewohnern und Bewohnerinnen ihre spezifische Identität bewahrt und neue Perspektiven gegeben werden können. Für die Bergbausanierer beteiligte sich Gerd Richter, LMBV-Bereichsleiter des Sanierungsbereiches Lausitz, im Podium an der Diskussion. Es wurden Zukunftsszenarien diskutiert. Die öffentliche Veranstaltung fand im Soziokulturellen Zentrum TELUX, in den Hallen des ehemaligen Glaswerkes, in Weißwasser statt. Ein zuvor von Oberbürgermeister Torsten Pötzsch vorgestelltes Bauwerk, ein notgesichertes Lagergebäude der Weißwasseraner Glasindustrie aus den 30er Jahren, der sogenannte Neufert-Bau, begeisterte viele Tour-Teilnehmer.
Am Folgetag stand neben der Energiefabrik Knappenrode auch ein großer Bergbaufolgesee der LMBV bei Boxberg im Mittelpunkt der Tour. Boxbergs Bürgermeister Achim Junker und Gerd Richter informierten über den erfolgten Wandel vom vormaligen Tagebau Bärwalde hin zum heutigen Bärwalder See. Nach der abrupten Tagebau-Stillsetzung im Jahr 1992 schloss sich eine aufwendige bergtechnische Sanierung an, die mit der 1997 gestarteten Flutung einen ersten Meilenstein mit dem Anfahren des Zielwasserstandes im Jahre 2009 erreichte. Seitdem wird die Wassermenge des auch als Speicher genutzten Bergbaufolgesees über die Flutungszentrale der LMBV weiter gesteuert, die Ufer dem Wellengang angepasst und die Grundlagen für kommunale und private Investitionen an den Ufern gelegt.
In Brandenburg besuchten die Reiseteilnehmer unter anderem die Förderbrücke F60 in Lichterfeld, die von einem Verein getragen wird, der 2018 den Deutschen Preis für Denkmalschutz erhielt. Wenige Orte weiter steht der Schaufelradbagger „Blaues Wunder“, an dem sich in Schipkau die Geister scheiden. Hier steht die Frage: Kann diese Anlage denkmalgerecht erhalten und touristisch genutzt werden oder setzt man auf den ehemaligen Industrieflächen andere Projekte um? Im IBA Studierhaus Großräschen, dem ehemaligen Beamtenwohnhaus der „Ilse-Bergbau Aktiengesellschaft“, folgte ein weiteres abendliches Fachgespräch unter dem Titel „Neue Denkmale – Neue Ideen?“.
Neben Thomas Zenker, Bürgermeister von Großräschen, beteiligten sich Reinhold Dellmann, Vorsitzender des Landesdenkmalbeirates Brandenburg und Minister a.D., Dr. Uwe Koch, Beauftragter für die Kulturentwicklung in der Lausitz, Brandenburgisches Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur sowie Dr. Christine Onnen, Leiterin der Inventarisation am Brandenburgischen Landesdenkmalamt und Prof. Rolf Kuhn, ehemaliger Geschäftsführer der Internationalen Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land an dem Gespräch. Vorgestellt wurde bei der Reviertour auch die von der BKM, d.h. der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, geförderte Kampagne der Landesdenkmalämter zur Inventarisation der Kulturdenkmale in der montanindustriellen Kulturlandschaft.