Boden – Ein wertvoller Lebensraum
Die Gewinnung der Braunkohle im Tagebau mit Großgeräten (Förderbrücken, Eimerketten- und Schaufelradbaggern) zerstört die gewachsenen Böden. Die früher praktizierte Technologie der Verkippung der Böden, überwiegend ohne gesonderte Gewinnung und Lagerung des Oberbodens, führte zu einer Mischung der verschiedenen geologischen Schichten. Substrate, die über Jahrmillionen tief im Untergrund lagerten, gelangten an die Oberfläche. Ihre Eigenschaften bestimmen jedoch die Richtung und Geschwindigkeit der Bodenentwicklung sowie das Ertragspotenzial der Kippböden.
In den Lausitzer und mitteldeutschen Braunkohlerevieren besteht die mit Humus angereicherte oberste Bodenschicht überwiegend aus quartären Substraten. Diese setzen sich aus Schmelzwasser-/Talwassersanden sowie Geschiebedecksanden der Eiszeiten (Pleistozän) zusammen. Dem folgen mächtige tertiäre Beckensedimente aus kohle-/schwefelhaltigen Sanden, Schluffen und Tonen.
Die Lausitzer Tagebauhalden und ‑kippen bestehen zu 90 Prozent aus Sanden und Lehmsanden, während im mitteldeutschen Revier die hochwertigen pleistozänen Substrate, Sandlöß und Löß sowie Lößlehm, Auenlehme und Auenschluffe große Flächen einnehmen. Sie werden zur Herstellung von Landwirtschaftsflächen verwendet.
Im Lausitzer Revier weisen die tertiären Substrate sowie Mischsubstrate tertiärer und quartärer Herkunft, die auf etwa 60 Prozent der Kippenflächen die oberste Schicht bilden, deutlich schlechtere Eigenschaften auf. Eine Besonderheit stellen die in der Nähe von Kraftwerken auf circa 1.100 Hektar verkippten oder verspülten Kraftwerksaschen dar.
Quartäre sandige Böden, wie sie in der Lausitz vorherrschen, besitzen wegen ihres hohen Grobporenvolumens eine gute Durchlüftung und Wasserleitfähigkeit. Sie entwässern jedoch schnell und können Nährstoffe nur schlecht binden. Ihre pH-Werte sind neutral bis schwach sauer. Die quartären bindigen Substrate Mitteldeutschlands sind durch hohe Mineral- und Nährstoffvorräte, günstige pH-Werte und eine hohe Wasserspeicherkapazität gekennzeichnet.
Die tertiären Kippsubstrate hingegen enthalten Kohlebestandteile sowie Eisendisulfide (Pyrit, Markasit), die bei Luftzutritt und Wasserzufuhr zu einer extremen Versauerung (pH-Wert < 2,5) und zu einer hohen Salzkonzentration im Bodenwasser führen. Charakteristisch für vom Tagebau beeinflusste Böden sind die Humus- und Nährstoffarmut, fehlende oder geringe bodenbiologische Aktivität als auch häufig die fehlende Fähigkeit der Wasserspeicherung. So zeigt sich eine äußerst ungünstige Ausgangslage für das Wachsen der neuen Landschaft.
HERSTELLUNG DER BODENFRUCHTBARKEIT
Die nachhaltige Wiederherstellung der Bodenfruchtbarkeit und der Funktionen des Bodens als Lebensraum sowie Produktionsstandort sind die vorrangigen Rekultivierungsziele. Es ist ein langer Weg vom Kippsubstrat bis zum alle seine Funktionen erfüllenden Boden. Hierbei übernimmt die Rekultivierung die ersten Schritte und bestimmt die Richtung. Angepasste Bewirtschaftung und eine ungestörte Bodenentwicklung müssen folgen. Dann entstehen auch aus schwierigen Ausgangssubstraten gute Böden. Die bodengeologische Kartierung ist auf diesem Weg der erste Schritt.
Spezialisierte Gutachter ermitteln und bewerten im Auftrag der LMBV die verkippten Substrate jeder Fläche und nennen die notwendigen Arbeiten. Je nach zugedachter Funktion als Landwirtschaftsfläche, Wald oder für spezielle Naturschutzfunktionen können die Abläufe abweichen. Fachleute in der LMBV schreiben die notwendigen Leistungen aus, die von spezialisierten Firmen umgesetzt werden. Im Regelfall können die folgenden Leistungen anfallen: Mit Bodenmeißeln oder Stechhublockerungssystemen wird verdichteter Boden bis in 100 cm Tiefe gelockert. In Abhängigkeit vom Substrat, dem Alter der Verkippung und der Vornutzung können sowohl die bindigen Substrate als auch die sandigen Mischsubstrate sehr hohe Lagerungsdichten aufweisen. Dies führt zu einer Verschlechterung der bodenphysikalischen Eigenschaften. Die Bodenmelioration mit langfristig wirkendem Naturkalk schließt sich an. Der Kalk wird, differenziert nach Gutachten, bis in 100 Zentimeter Tiefe in mehreren Arbeitsgängen eingearbeitet. Schwere Tiefspatenfräsen, die von leistungsstarken Traktoren gezogen werden, erfüllen diese Aufgabe. Zwischen 4 bis über 600 Tonnen fein gemahlener Kalkmergel werden pro Hektar benötigt. Die Grunddüngung mit den wichtigen Nährstoffen Stickstoff, Phosphor und Kalium erfolgt im Regelfall in zwei Gaben. Die erste wird durch Scheibeneggen oberflächlich in den Boden eingearbeitet.
BIOLOGISCHE BODENFUNKTIONEN
Lebensraumfunktion
- Lebensraum für Pflanzen, Tiere, Bodenorganismen und den Menschen
Regulierungs- und Pufferfunktion
- Regulation von Wasser- und Stoffkreisläufen
- Pufferung
- Filterung und Speicherung
Produktionsfunktion
- Grundlage für das Leben
- Potential zur Produktion von Biomasse als Nahrung, Tierfutter, erneuerbare Energien
Später erfolgt die zweite Gabe, wenn eine erste Pflanzendecke die Nährstoffe aufnehmen und verarbeiten kann. Durch die anschließende Begrünung der Fläche mit ausgewählten Gräsern, Kleearten, Lupine oder Luzerne wird der Boden bedeckt, die Humusbildung initiiert und die eingebrachten Nährstoffe in den Pflanzen gebunden. Die Begrünung verhindert gleichzeitig Staubimmissionen in den umliegenden Ortschaften. Bodengeologische Qualitätsnachweise ermitteln frühestens nach sechs Monaten den Erfolg der Meliorationsmaßnahme. Wurde das Ziel noch nicht erreicht, wird entsprechend nachgearbeitet. Die LMBV hat sowohl für die Erstgutachten als auch für die Qualitätsnachweise in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen, Gutachtern, den Bergbehörden und den aktiven Bergbauunternehmen verbindliche Arbeitsanleitungen entwickelt.