Zu Planungs‑, Natur- und Kulturvoraussetzungen für die Rekultivierung und Revitalisierung von Bergbaufolgelandschaften in Polen und Deutschland
Senftenberg/Krakau. Ende 2019 konnte eine gemeinsam von der LMBV und der Bergakademie Krakau AGH editierte Monographie vorgelegt werden. Diese Publikation fasst vor allem den Stand und das Wissen vom 4. Polnisch-Deutschen Forum zur Wiedernutzbarmachung vom September 2017 in Brehna bei Leipzig zusammen. Es knüpft damit an die Monographie über „Geotechnische und Umweltaspekte bei der Rekultivierung und Revitalisierung von Bergbaufolgelandschaften in Polen und Deutschland“ an, die bereits durch die Wydawnictwa [Verlage] der AGH im Jahr 2014 herausgegeben wurde.
Bergbau, insbesondere im Tagebau, ist eine die Landschaft tiefgreifend verändernde und im heutigen Verständnis neugestaltende Tätigkeit des Menschen. Die Bergbautätigkeit wird in Mitteleuropa je nach Region mit unterschiedlicher Intensität geführt und in manchen Fällen abrupt oder allmählich eingestellt. Die Gestaltung der Hinterlassenschaften des Bergbaus ist Pflicht der Unternehmen und Gegenstand von Gesetzen und Planungen in den jeweiligen Ländern.
Im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen werden die Funktionen der Landschaft für den Naturhaushalt und den Wirtschaftsraum neu geordnet und wiederhergestellt. Beziehungsnetze müssen auf allen Ebenen neu geknüpft werden. Dies betrifft auf ökologischer Ebene die Wiederbesiedlung der Kippen und Halden oder die Erstbesiedlung von Tagebaurestseen und Wasserspeichern und auf ökonomischer Ebene die Einbindung der ehemaligen Tagebaustandorte in die lokalen, regionalen und darüber hinaus reichenden Wirtschaftsnetzwerke. Daneben gibt es auch soziale und kulturelle Funktionen, die neugeordnet und entwickelt werden müssen.
Die Planung von Bergbauvorhaben erfordert die Berücksichtigung und angemessene Bewertung sämtlicher Funktionen der Landschaft für den Menschen und den Naturhaushalt. Das Bergbauunternehmen als Vorhabensträger einerseits und die staatlichen und kommunalen Verantwortlichen der Region andererseits sind hierzu gesetzlich verpflichtet.
Beispiele aus dem Lausitzer und dem mitteldeutschen Braunkohlenrevier und aus den polnischen Bergbauregionen thematisieren diese zentrale Aufgabe der Berücksichtigung der Landschaftsfunktionen für Bergbaufolgelandschaften. Insbesondere durch die Raumplanung sind hier frühzeitig entscheidende Entwicklungsrichtungen vorzugeben.
Die Umwidmung und Wiedereingliederung von ehemaligen Anlagen der Bergbauindustrie in sinnvolle ökonomische Kreisläufe und Funktionsbeziehungen ist in den Bergbauregionen beider Länder eine wichtige, bisher nur teilweise erfolgreich gelöste Aufgabe. Eine nüchterne Analyse mit definierten Parametern, wie im Projekt INKULA aus der Lausitz vorgestellt, unterstützt, insbesondere bei angestrebter touristischer Nachnutzung, die Entscheidungsfindung. Industrielle Zeugnisse des untertägigen Bergbaus eignen sich ebenso für die anspruchsvolle touristische Neuausrichtung.
Am Beispiel des konkreten Projektes Tarnower Seenland zeigt sich die Übertragbarkeit des Wissens und der Erfahrungen in der Gestaltung von großen Bergbaufolgelandschaften auch auf Sandtagebaue, Anlagen zwar einzeln von geringeren Dimensionen, aber in beiden Ländern mit in Summe großen Flächen und zahlreich vertreten.
Bergbaufolgelandschaften bieten vielfältige Möglichkeiten der Freizeitgestaltung und der Erholung. Kleinere Restlochseen und ehemalige Auffangbecken können zu interessanten Angelgewässern entwickelt werden. Dies wurde anhand der erfolgreichen Beispiele aus Polen gezeigt. Im viel größeren Maßstab werden Bergbaufolgelandschaften zu sehr wertvollen Flächen für den Arten- und Biotopschutz und die Umweltbildung. Vergleiche mit der gewachsenen Kulturlandschaft und naturnahen Landschaften zeigen die hohe Bedeutung der Bergbaufolgelandschaften für den Arten- und Biotopschutz sowohl in Polen als auch in Deutschland. Sie geben aber auch wichtige Hinweise für die erfolgreiche Rekultivierung und Revitalisierung von Bergbauhalden und ganzen Bergbaufolgelandschaften.
Einer Phase monostrukturierter, alle anderen Landschaftsfunktionen und Güter verhindernder Nutzung folgt eine Phase der Neuordnung und der Wiederherstellung der Landschaft, ihrer Funktionen und Güter. Diese Phase setzt mit der ordnenden Raumplanung ein und begleitet bei langfristigen Bergbauvorhaben die Phase der Rohstoffgewinnung. Die Zerstörung der historischen, aber auch modernen Veränderungen unterliegenden Kulturlandschaften, mit gewachsenen Feld-Waldverteilungen, Dörfern und Fließgewässern, ist eine zwangsläufige Folge großflächiger Materialgewinnung. Diese Zerstörung ist für die Verursacher Verpflichtung und zugleich Chance, neue, vielfältige Lebensräume für den Menschen und das natürliche Leben zu gestalten. Freiräume für menschliche Freizeitaktivitäten gehören ebenso wie Freiräume für weitestgehend unbeeinflusste und nicht regulierte natürliche Entwicklungen dazu. Die beiden Länder Polen und Deutschland verfügen über eine reiche, wissenschaftlich fundierte Erfahrung in der Wiederherstellung von durch den Bergbau massiv beeinflussten Landschaften, die auch dieser Tagungsband dokumentiert.